Natürlich wird Sport vom Arzt immer mit als erstes empfohlen. Da gibt es wohl kaum eine Erkrankung bei der nicht „viel Wasser trinken und Bewegung“ für Besserung sorgen soll.

Doch warum ist er gerade für den Schmerzpatienten so wichtig?

Sport hilft zur Regulierung des Blutdrucks, Aufbau der Muskulatur, ist gut gegen Haltungsschäden und dadurch resultierende Probleme, sorgt für bessere Durchblutung, stabilisiert das Gleichgewichtsorgan und hilft somit bei Schwindel… die positive Wirkung von Sport ist vielfältig. Natürlich sollte eigentlich jeder regelmäßig Sport machen für das eigene Wohlbefinden. Das ist ja immer ein gute Sache.

Allerdings es hört sich für den Dauerschmerzgeplagten auch immer ein bisschen unmöglich an in der Umsetzung an. Wenn es mir so schlecht geht, wie soll ich jetzt auch noch Sport schaffen?

Ich kann euch genau sagen, warum es sich trotzdem lohnt, zur richtigen Zeit (natürlich nicht während einer Migräne-Attacke) statt Sofa den Sport zu wählen.

Serotonine sind die Antwort. Menschen mit chronischen Spannungskopfschmerzen haben einen zu niedrigen Serotoninspiegel. Serotonine sollten eigentlich unter anderem dafür sorgen, dass Schmerzen nicht so stark empfunden werden. Daher werden auch Antidepressiva bei der medikamentösen Prophylaxe eingesetzt. Sie wirken sich positiv auf den Serotoninlevel aus. Darüber hinaus gibt es nur eine für uns zugängliche Methode an mehr Serotonine zu kommen. Man ahnt es schon: Sport, Sport und Sport. Es geht nicht ohne.

Die gute Nachricht ist: es ist gar nicht so viel Durchhaltevermögen gefragt wie bei dem Sport, den man macht, um eine bestimmte Figur zu erreichen. Da braucht es meist eine längere Zeit, bis es ein deutliches Ergebnis gibt.
Beim Sport, den man macht um Schmerzen zu reduzieren, hat man eigentlich von der ersten Stunde an Erfolgserlebnisse. Die Serotonine wirken quasi sofort. Ihr müsst also nicht monatelang sporteln, bevor sich ein Effekt einstellt.
Bei mir macht das auch einen Riesenunterschied, wenn ich doch mal wieder in den MÜK geraten bin. Mit Sport kann ich eine Medikamentenpause leichter durchhalten. Mir wird nicht so leicht schlecht, weil ich mit dem Sport meinen absackenden Blutdruck hochhebeln kann, und ich habe insgesamt weniger Schmerzen.

Aber Achtung Migräniker! Wir reden hier nicht von Hochleistungssport bis zu viel Druck auf den Kopf kommt. Das ist kontraproduktiv. Man kann des Guten auch zuviel tun und sich eine schöne Migräneattacke bescheren. Und: Sport hilft bei Migräne nur vorbeugend, bitte keinen Sport während einer Attacke, selbst wenn ihr euch mit einem Triptan schmerzfrei gemacht habt.
Bei Spannungskopfschmerzen dagegen kann man im Akutfall ruhig loslegen, oft bessert sich der Schmerz dann sogar unmittelbar.

Welche Sportarten sind besonders wirksam?

Moderater Ausdauersport ist was uns hilft: Walken und Schwimmen sind da natürlich ziemlich ideal. Trotzdem würde ich immer am Wichtigsten finden, dass man den Sport macht, der einem am besten gefällt. Lasst euch nicht davon stressen, welcher Sport am meisten empfohlen wird. Bewegung hilft immer und die Bewegung, die man regelmäßig wirklich macht, hilft besser, als die, die man sich nur vornimmt.

Mir ist es schon immer schwergefallen, mich zum Sport aufzuraffen. Ich war in den meisten Disziplinen nicht besonders gut, habe von Natur aus einen schwachen Muskeltonus und daher in den meisten Sportarten keine besonders gute Figur gemacht. Schulsport und Vereinssportarten sind ja auch eher nicht so dazu angelegt, die von Haus aus nicht so sportlichen Kinder zu motivieren. Ich musste mich irgendwie selber austricksen, um auf ein regelmäßiges Pensum zu kommen.

Früher bin ich regelmäßig gejoggt, habe aber aufgehört weil mir die Knie Probleme machten. Doch konnte ich mich erinnern, dass mir das Draußen-sein gut getan hat. Außerdem hat mir die gleichmäßige Bewegung zu guter Musik gefallen. Zum Abschluss habe ich immer ein schnelles Lied angemacht und einen Sprint dazu hingelegt. Selbst ich Schnecke kam mir dabei wie eine Hochleistungssportlerin vor. Im Urlaub genieße ich es, mit Kopfhörer lange am Strand entlang zu gehen, am besten bis keine Menschen mehr kommen und dann alleine zu tanzen.
Also habe ich mir überlegt, wie ich möglichst viel davon kombinieren kann, damit ich einen Sport finde, den ich regelmäßig durchhalte. Die positive Wirkung des Sport muss doch auch größer sein, je mehr Spaß er mir macht.
Dabei herausgekommen ist Walking, ohne Nordic – also ohne Stöcke – weil ich mir damit komisch vorkomme (nicht dass ich bei meinem „Walking ohne“ eine bessere Figur abgeben würde) zu lauter Musik. Ich habe mir gute Kopfhörer gegönnt und investiere in gute Laufschuhe. Ich gebe mir viel Mühe mit meiner Musikauswahl. Außerdem laufe ich immer mal wieder nicht direkt von zu Hause aus los. Wenn das Wetter besonders schön ist oder ich gerade mehr Zeit zur Verfügung habe, fahre ich mit Rad oder Auto ein Stückchen raus und laufe im Wald oder Berg oder wo auch immer in der Nähe es mir gefällt. Manchmal erkunde ich auch einfach nur die benachbarten Stadtteile. Und wenn ich dann irgendwann da gehe, wo mir keine Menschen mehr entgegen komme, tänzele und springe ich durch die Gegend, wie eine Bekloppte.

Zusätzlich gehe ich einmal die Woche schwimmen. Für die Motivation reicht es mir da schon fast, wenn ich mir vorstelle, wie gut ich mich hinterher fühlen werde. Gerade im Winter fällt es mir aber trotzdem manchmal schwer. Deswegen gehe ich immer in ein Schwimmbad mit Massagedüsen und lass‘ mir nach meinem Kilometer Brustschwimmen Schulter, Rücke und Beine angenehm sandstrahlen. Glücklicherweise gibt es bei uns in der Nähe auch eine superschöne Therme mit angeschlossenem Sportbecken. Da kann man sich hinterher im badewasserwarmen Außenbecken ablegen. Das ist dann auch gleichzeitig für die notwendige Entspannung hilfreich. In die Sauna gehe ich allerdings nicht. Denn es gibt ja kaum irgendwas, was eine Migräne zuverlässiger auslösen kann, als ein schneller Temperaturwechsel.

Für den Fall, dass ich gar nichts davon schaffen kann, weil mir schon das Rausgehen zuviel wird, haben mein Mann und ich uns zu Weihnachten einen Ergometer gekauft. Da kann man schön direkt nach dem Aufstehen (ich) oder abends beim Fernsehen (mein Mann) ein paar Kilometer locker radeln, egal wie das Wetter draußen ist oder wenn man nur wenig Zeit hat (15 Minuten bringen auch schon was).

Mittlerweile ist Sport für mich also nicht mehr wegzudenken und macht mir sogar meistens Spaß. Natürlich schadet es auch der Figur nicht, was ich gut gebrauchen kann. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber schlechte Zeiten mit dem Kopf gehen bei mir immer mit Trost-Essen einher und der Kohlenhydrate-Heißhunger, den eine Migräne auslöst, macht das Gewicht-Halten auch nicht leichter. Da könnte man jetzt sagen, das sollte doch bei Schmerzen das geringste Problem sein, ob man sich noch im Badeanzug leiden mag. Nun, mir ist es nicht egal und ich fühle mich mit zuviel Übergewicht sehr unwohl. Das brauch ich nicht auch noch obendrauf.

Aber wer sich anders motivieren möchte: mehr Serotonine sind natürlich nicht nur für weniger Schmerzen gut -auch für die gute Laune macht es einen großen Unterschied und das macht wiederum für den Kopf einiges aus.
Die Überwindung lohnt sich auf jeden Fall, versprochen!