Wie kommt man mit einer chronischen Erkrankung zurecht, wenn man keine familiäre Unterstützung direkt im eigenen Haushalt hat? Wie geht man mit der Isolation um, die oft durch häufige Migräne-Attacken entsteht? Das habe ich mich schon oft gefragt.
Für mich ist es oft die Rettung, dass mir mein Mann bei den alltäglichen Erledigungen unter die Arme greifen kann, wenn ich „ausfalle“.
Oft fühle ich mich von der Außenwelt abgeschnitten, weil ich tagelang mit Migräne zu Hause vor mich hindümpele, aber da rennt dann zumindest im Hintergrund ab und an mein Kind durchs Bild oder bringt mir ein Knäckebrot. Wie muss das wohl sein, wenn man alleine wohnt und bei sowas komplett auf sich selbst gestellt ist?
Diese und ähnliche Fragen hab ich meiner Freundin Indie vom gewitterkopf.blog gestellt. Dabei kam ein schöner Gastbeitrag mit vielen hilfreichen Tipps heraus, wie ich finde, aber seht selbst….
Mit Migräne allein zu Haus – Wie macht man das?
Ein Gastbeitrag von Indie
Migräne, auf die Art wie sie heute verläuft, habe ich schon seit bald 10 Jahren. Ich kann mich aber auch erinnern, dass ich mit Anfang Zwanzig schon ein oder zwei Attacken hatte. Ich konnte aber all die Jahre eigentlich immer ganz gut damit Leben und musste mich dadurch nicht einschränken. Ende 2017 hat sich die Lage allerdings deutlich verschlechtert. Die Attacken nahmen in der Intensität zu und ich lag auf einmal jedes Wochenende damit flach. Innerhalb eines halben Jahres war ich dann bei drei bis vier Migränetagen in der Woche, weswegen ich immer mehr Triptane und Schmerzmittel nehmen musste, um meinem Job noch nachgehen zu können. Das Ganze funktionierte natürlich nicht lange und gipfelte in einem Status Migraenosus und einem MÜK letzten Sommer. Seitdem bin ich krank geschrieben, da sich an den vielen Migränetagen weiterhin nicht viel geändert hat. Habe ich akut keine Migräne-Attacke, begleiten mich außerdem seit etwa einem halben Jahr einseitige Spannungskopfschmerzen.
Meine Krankheit alleine zu managen, erfordert vor allem gute Organisation. Zum Glück bin ich von Natur aus recht strukturiert und mittlerweile habe ich mich so eingerichtet, dass größere Katastrophen kaum noch passieren.
Wie organisiert man Arztbesuche, Krankschreibungen und Co. mit Migräne?
Meine Krankschreibungen bekomme ich von meinem Hausarzt, bei dem ich dafür momentan alle 4 Wochen vorstellig werden muss. Das finde ich aber auch ganz gut so. Wir besprechen dann, ob sich in den letzten Wochen etwas verändert hat und was die Behandlungen bei anderen Fachärzt*innen ergeben haben. Bisher habe ich es auch immer irgendwie geschafft, diese Termine wahr zu nehmen, auch mit Migräne (natürlich nicht bei einer Komplett-Eskalation). Der Arzt ist von mir aus fußläufig zu erreichen und wenn ich einen Termin habe komme ich auch sehr schnell dran. Folgerezepte kann ich einfach telefonisch bestellen und abholen, wenn es mir einigermaßen gut geht. Natürlich muss ich dafür meinen Medikamentenbestand im Auge behalten, dass ich nicht plötzlich ohne etwas dastehe. Wenn ich doch mal einen Notfall habe, frage ich eine sehr liebe Freundin von mir, ob sie mir etwas aus der Apotheke besorgt. Sie hat mich auch schon mal zum Arzt begleitet oder dort abgeholt, weil ich es mir nicht zugetraut habe alleine zu gehen. Das ist bisher aber zum Glück noch nicht oft vorgekommen.
Migräne Notfall – was nun?
Wenn ich eine Migräneattacke nicht in den Griff bekomme und der Schmerz nicht auszuhalten ist, stellt mich das in der Tat vor ein Problem, da so etwas vorzugsweise nachts oder am Wochenende passiert. Ich bräuchte dann jemanden, der mich für eine Infusion ins Krankenhaus fährt, denn selber fahren fällt in so einer Situation aus. Natürlich möchte ich nachts um drei auch niemanden von meinen Freund*innen aus dem Bett klingeln.
Das ist mir gerade in der Anfangszeit häufiger passiert, als ich noch kein passendes Triptan gefunden hatte oder es falsch (also zu spät) eingenommen habe.
Aber es gibt eben auch hin und wieder Attacken, die gehen in kürzester Zeit von Null auf Hundert und wenn dann noch Erbrechen hinzu kommt, hat man ein Problem.
Ich habe mir mittlerweile von meinem Arzt ein Beruhigungsmittel verschreiben lassen, mit dem ich dann einfach einschlafe. Auch Zäpfchen gegen Übelkeit gehören in meinem Medizinschrank zur Grundausrüstung und sind noch eine Alternative.
Bisher habe ich es so dann immer geschafft, aber wenn wirklich nichts hilft würde ich tatsächlich den Notarzt rufen. Zu normalen Praxiszeiten kann ich bei meinem Neurologen oder dem Hausarzt anrufen, die mir dann eine Infusion legen.
Ich würde jede*m, der/ die alleine lebt raten, sich einmal einen Notfallplan zurecht zu legen und immer ausreichend Medikamente im Haus zu haben. Dadurch behält man die Kontrolle über die Situation und fühlt sich nicht noch zusätzlich ausgeliefert. Auch Freund*innen anzusprechen und zu fragen, ob man sie auch nachts anrufen kann, ist eine gute Möglichkeit nicht vom schlechten Gewissen geplagt zu werden, wenn es dann tatsächlich mal notwendig würde.
Ich habe neulich auch meinen Neurologen gefragt, welche Krankenhäuser in der Umgebung sich mit Migräne auskennen, damit ich weiß wo ich hinfahren könnte.
Das bisschen Haushalt und wie schaffe ich es nicht zu verhungern?
Das schlimmste was eigentlich passieren kann ist, dass der Kühlschrank leer ist und ich es nicht schaffe, einkaufen zu gehen. In der Tat komme ich manchmal 2 oder 3 Tage hintereinander nicht aus der Wohnung. Mich an den Herd zu stellen und etwas zu kochen, ist bei schlimmen Attacken aber eh keine Option.
Ich achte deswegen immer darauf, grundsätzlich zwei bis drei Mahlzeiten eingefroren zu haben, die ich mir dann in der Mikrowelle auftauen kann.
Manchmal frage ich auch eine Freundin, ob sie mir was vorbeibringt, wenn ich plötzlich Heißhunger auf etwas habe (meistens auf Sushi, keine Ahnung warum). Wenn die Migräne schon auf dem Rückzug ist, bin ich dann auch oft froh, ein bisschen Gesellschaft zu haben.
Wenn ich wieder auf den Beinen bin, befülle ich den Kühlschrank möglichst schnell wieder neu.
Der Rest vom Haushalt muss halt warten, bis ich dafür fit genug bin. Was das betrifft, habe ich den Anspruch an mich ziemlich herunter geschraubt. Früher musste ich immer alles perfekt haben. Wenn ich jetzt mal zwei Wochen nicht staubsaugen kann, dann ist das eben so.
Wie lässt sich Isolation verhindern?
Es ist schon so, dass es mir irgendwann auf die Stimmung schlägt, wenn ich drei Tage hintereinander das Haus nicht verlassen kann. Ich versuche dann ganz bewusst die Situation zu akzeptieren und mich nicht noch drüber zu ärgern, was ich gerade alles nicht machen kann. Oft bin ich durch die Migräne aber auch so müde, dass ich einfach viel schlafe.
Wenn mir die Decke komplett auf den Kopf fällt, fahre ich auch schon mal ein paar Tage zu meiner Family, die circa 100 km entfernt wohnt. Sobald ich mich dort durch die Tür geschleppt habe, muss ich mich um fast nichts mehr kümmern und das ist jedes mal wie Urlaub für mich und lädt meine Batterien wieder etwas auf.
Aber es ist schon so, dass ich grundsätzlich viel zu Hause und auch viel alleine bin und sich die Situation im allgemeinen auf meine Stimmung auswirkt.
Deswegen rede ich seit Anfang des Jahres regelmäßig einmal die Woche mit einem Psychotherapeuten, mit dem ich schwierige Erlebnisse aufarbeiten kann und um besser mit dieser Lebensphase umgehen zu können.
Manchmal empfinde ich es schon als Belastung, alles alleine stemmen zu müssen. Auch wenn ich mich natürlich mit Freund*innen und meiner Familie besprechen kann.
Auf der anderen Seite sehe ich aber auch durchaus Positives in der Tatsache, dass ich momentan in keiner Partnerschaft bin. Ich habe zum Beispiel ziemlich lange gebraucht, bis ich die Situation einigermaßen für mich akzeptieren konnte und raus gefunden habe, was mir gut tut und was ich lieber lasse. Diesbezüglich bin ich wirklich froh, dass ich mich da ganz auf mich konzentrieren konnte. Außerdem kann ich jeden Tag tatsächlich nach meiner körperlichen Verfassung ausrichten. Ich denke, das ist in einer Partnerschaft oder wenn Kinder da sind auch schwieriger, weil man viel mehr funktionieren muss oder gemeinsame Planungen dann häufiger nicht klappen und man mit seinem schlechten Gewissen klarkommen muss.
Ich hoffe, ich konnte euch hier einen kleinen Einblick geben, wie ich als Single meine Krankheit so manage. Vielleicht waren ja auch ein paar gute Anregungen zum Nachmachen dabei?
Mehr über Indie:
Wenn ihr mehr über Indie wissen wollt, besucht ihren schönen Blog
gewitterkopf.blog
wo sie seit ein paar Monaten über ihre Erfahrungen mit chronischer Migräne schreibt oder folgt ihr auf Instagram.
Für euch zum Hintergrund: Indie und ich haben uns hier auf kopflastig über die Kommentare und per Mail kennengelernt – also eine echte Internetfreundschaft. Und ich freue mich so sehr darüber, was daraus geworden ist!
Das ist der erste Gastbeitrag auf kopflastig, der nur über das Internet zustande gekommen ist (Sabrina kenne ich aus dem „echten“ Leben).
Ich find das aufregend. 🙂
Seid ihr auch mit eurer Migräne alleine?
Wie macht ihr das so? Habt ihr auch Tipps? Sorgen? Nöte?
Schreibt mir oder in diesem Fall uns gerne einen Kommentar, ob ich euch so ein Beitrag hilft oder was euch so bewegt.
Wir würden uns total freuen!
25. September 2019 at 11:31
Hey Anni,
Herzlich willkommen!
Oh Mann, das stelle ich mir allerdings auch schlimm vor. Ich wär mit einer Attacke allein zu Haus, das Medikament würde nicht wirken und ich wär noch verantwortlich für mein Kind. Da würde ich auch hyperventilieren.
Ich frag mich grad, was ich dann machen würde? Du sagst, wenn die Tabletten nicht helfen…gibt es vielleicht noch ein Triptan per Injektion, dass Du Dir für den Notfall auf Vorrat legen könntest? Manchmal hilft ja schon der Gedanke, dass man noch ein Sicherheitsnetz hat.
Zuerst möchte ich Dir auf jeden Fall sagen, dass Du natürlich nicht allein bist mit Deiner „Migräne-Situation“.
Deine Gedanken kenne ich auch nur zu gut. Für Außenstehende ist es nicht nachvollziehbar, wie das mit viel Migräne ist und welche Sorgen und Hindernisse man hat. Das ist normal, wie sollten sie auch.
Ich würde Dir, wenn ich darf, immer trotzdem raten, den anderen Migräne und die damit verbundenen Einschränkungen zu erklären, weil Du ja auf Unterstützung angewiesen bist.
Das ist zwar der unangenehme Weg, weil das auch so blöd ist, wenn man sich quasi immer rechtfertigt. Aber meine Erfahrung ist, dass irgendwann Leute dazwischen sind, die es ein bisschen verstehen, von denen man dann auch Hilfe bekommt im entscheidenden Moment.
Meine Tochter ist jetzt dreizehn und mich plagt auch oft das schlechte Gewissen, wenn sie durch meine Krankheit zurückstehen muss. Aber ich denke mittlerweile, das kann ich auch anders ausgleichen, durch die Ruhe und Aufmerksamkeit, die bei uns dadurch herrscht, dass ich mich immer zwingen muss mit den Kräften hauszuhalten. Ich lasse mittlerweile so viele Sachen weg, die ich früher gemacht habe, ohne zu hinterfragen. Jetzt überlege ich immer dreimal, was wirklich nötig ist, besonders bei den ganzen Haushaltssachen. Gemütlich ja, gebügelt nein 🙂
Und dass Deine Tochter mitbekommt, das es Dir mal besonders schlecht geht, kann man auch nicht ändern. Sie ist ja schon groß genug, um das zu verstehen. Wahrscheinlich wird sie das aber dafür zu einem besonders empathischen,verständnisvollen Menschen machen.
Ich freu mich auf jeden Fall sehr, dass Du Dich hier gut aufgehoben fühlst. Ich hoffe, Du findest hier ein paar Tipps oder Gedanken, die Dir weiterhelfen.
Liebe Grüße,
Nina
18. September 2019 at 14:55
Hallo ihr Lieben!
Oh man, ich bin gerade so froh, dass es Menschen gibt, denen es exakt so geht wie mir. Ich könnte gerade heulen. Klar, es gibt einige die „ich hab auch Migräne“ bekunden, dann aber trotzdem
-mich überempfindlich finden
-ihre Anfälle 2-3x im Jahr haben und nicht in der Woche
-sowas wie Wiederkehrmigräne oder Status M. noch nie gehört haben…
also keine wirklichen Leidensgenossinnen.
Ich bin alleine mit einer Tochter (12). Wenn ich so richtig flach liege, eventuell noch mit Panikattacke (wenn die Tabletten nicht helfen) oder übelster Übelkeit, dann fehlt mir nicht nur jemand, der mir meine Angst nimmt, sondern ich habe auch noch das Gefühl, ich vernachlässige gerade das Kind. Es gibt so gut wie keine Angehörigen, sie hat einen großen Bruder der eine Hilfe, aber natürlich auch berufstätig ist.
Niemand sagt etwas, aber ich habe dads Gefühl, eine Menge Personen in meinem (auch beruflichen) Umfeld denken, dass ich maßlos übertreibe. Ich werde hier jetzt öfter reinschauen bei euch beiden, Danke <3 Anni
23. Juni 2019 at 15:08
Hallo Simone (Hallo Nina ;-)),
auch von mir vielen Dank für deinen tollen und offenen Kommentar!
Die Gedanken bezüglich einer zukünftigen Partnerschaft kenne ich von mir auch sehr gut. Ich habe mich eine ganze Zeit komplett „unvermittelbar“ geführt und dachte auch, mit mir ist es so kompliziert, das würde doch niemand aushalten.
Aber ich merke momentan, je mehr ich mich selber annehmen kann mit all diesen Besonderheiten, um so mehr glaube ich auch daran, dass vielleicht mal jemand kommt, dem das alles egal ist.
Auch mit viel Migräne haben wir doch trotzdem auch viel zu geben und sind interessante Menschen mit Persönlichkeit.
Allerdings genieße ich es gerade wirklich sehr mich nur um mich selbst kümmern zu können.
Was deine Frage mit der Singlebörse betrifft Nina. Ja es gibt Kontaktbörsen, wo man körperliche und seelische Erkrankungen angeben kann. Allerdings sind das nicht die großen Anbieter, sondern eher kleinere Portale. Das wäre aber echt nicht mein Ding muss ich sagen.
Liebe Grüße!
22. Juni 2019 at 21:53
Hey Simone,
Was für eine schöne Nachricht, dankeschön 🙂
Was du aufzählst sind tatsächlich genau die Sachen, die mein Mann sich immer anhören muss.
Wenn wir irgendwo hingehen (was nicht so oft vorkommt), scannt er auch erstmal für mich nach einem duftneutralen Schattenplatz. Er musste seinem Vater das Rasierwasser ausreden, damit ich wieder zu Familienfeiern mitkonnte und er darf sich seinen geliebten Basmatireis nicht zu Hause kochen (ich halt’s nicht aus, wie der riecht) und das ist natürlich nur die Spitze des Eisbergs.
Da repräsentiere ich also die andere Seite und kann sagen, ich hab oft ein schlechtes Gewissen, dass meine Familie durch mich eingeschränkt ist. Beim in-den-Urlaub-fahren, bei den meisten Freizeitaktivitäten – es wirkt sich eigentlich auf so ziemlich jeden Bereich aus.
Aber andererseits geht es bei uns auch dadurch sehr entspannt zu.
Ich überlege immer sehr genau, was unbedingt sein muss an Pflichten und versuche, es uns möglichst schön zu machen – weil die Reserven begrenzt sind.
Mein Gefühl ist, dass wir es dadurch recht harmonisch haben – besonders im Vergleich zu anderen Familien, die nicht nicht gezwungen sind so viel zu hinterfragen.
„Schaffen wir ein zweites Kind?“, „Müssen wir unbedingt ein Haus kaufen (und das dann mit Garten pflegen und unterhalten, Reparaturen usw.)? Oder sind wir einfach mal zufrieden mit unserer schönen Wohnung, die wir gut im Griff haben?“
Ich will jetzt nicht sagen, Migräne ist super und macht einen besseren Menschen aus uns. Aber ich glaube, sie gibt Zeit und Ruhe und zwingt öfter mal, darüber nachzudenken, worauf es wirklich ankommt. Ich glaub schon schon, dass man davon profitieren kann.
Also falls hier jemand glaubt, ein Migräniker hätte in eine Partnerschaft nur Krankheitsleid einzubringen 🙂
Aber wenn man sich neu kennenlernt, ist das natürlich eine andere Geschichte, da möchte man nicht so kompliziert rüberkommen. Das kann ich gut verstehen.
Allerdings, wer in unserem Alter ist schon ohne Päckchen unterwegs? Hat nicht jeder jenseits der, ich sag mal 35, irgendein körperliches oder seelisches Gebrechen?
Also versteht mich nicht falsch, wenn man allein zufrieden ist, ist ja alles gut. Es muss nicht jeder unbedingt eine Beziehung haben, um glücklich zu sein. Unterstützung kann man von vielen Menschen bekommen, das muss nicht nur der Partner sein.
Aber wenn man gerne möchte…
Ich bin da ja nicht so im Thema, es gibt ja Elite Partner und Co., aber gibt es eigentlich auch sowas wie eine Partnerbörse für „Leicht Versehrte“ oder etwas in der Art?
Wär ja vielleicht auch nicht schlecht…
Liebe Grüße,
Nina
20. Juni 2019 at 17:26
Hallo Indie, hallo Nina,
da kann ich mich wohl einreihen . . . alleinstehend mit chronischer Migräne.
Wie ich damit meinen Alltag stemme, das werde ich immer wieder mit Verwunderung gefragt und das zeigt mir auch irgendwie, wie stark mich diese Krankheit gemacht hat.
Auch ich habe an allen möglichen und unmöglichen Stellen meine Medikamente gebunkert und achte akribisch darauf, dass sie mir niemals ausgehen. Ebenso liegen immer gekühlte Coolpacks bereit. Mein Hausarzt kennt meine Krankheitsgeschichte sehr gut und ist bereit, mir im Notfall eine AU-Meldung auszustellen, auch wenn ich es nicht schaffe, mich in die Arztpraxis zu quälen. Die holt dann eine liebe Nachbarin für mich ab. Und ich sehe immer zu, dass ich genug zu essen zu Hause habe, um notfalls ein paar Migränetage überbrücken zu können.
Es gab in meinen vielen Migränejahren auch ganz dunkle Zeiten. Zeiten, in denen ich einen Status Migraenosus nach dem anderen hatte, in denen nichts half und die pure Verzweiflung herrschte. Was hätte ich darum gegeben, wenn mir dann jemand mal ein Glas Wasser ans Bett gebracht hätte oder einen frischen Coolpack.
Dann spinne ich den Gedanken weiter und überlege wie es wäre, in meinem jetzigen Krankheitszustand jemanden kennen zu lernen . . .
„Stadtfest? Och nö, da sind mir zu viele Menschen“
„Radfahren? Geht heute gar nicht, ist mir viel zu hell/heiß draußen.“
„Kino? Nein danke! Viel zu laut und die schnell wechselnden Bilder “
„Hier kann ich nicht bleiben. Irgend jemand in der Nähe hat Parfüm an sich.“
„Freunde besuchen? Nicht noch einen Termin heute, das ist mir zu viel.“
Wie kommt das wohl bei einem Nicht-Migräniker rüber? Wie soll man plausibel machen, dass da oben im Kopf etwas mit der Reizverarbeitung nicht stimmt und dass man keine zickige Mimose ist?
Nicht zu vergessen, ich kann mir meinen Tag genau so gestalten, wie es für mich gut ist. Keine Rücksicht nehmen müssen, kein schlechtes Gewissen gegenüber dem Partner haben müssen . . . das nimmt viel Druck und macht im Alltag auch einiges leichter.
Ihr merkt schon, ich bin echt hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, einen verständnisvollen Menschen an meiner Seite zu haben und der Freiheit, mir mein Leben unabhängig und „migränegerecht“ einrichten zu können.
Liebe Grüße
Simone