Eine Zeit lang hat mich bei diesem ganzen Kopfschmerz-Migräne-Thema kaum etwas mehr belastet, als die Sorge, ob ich mich überhaupt vernünftig um mein Kind kümmern kann. Auch heute frage ich mich oft, wie sehr meine Tochter durch mein Handicap belastet ist und wie es sich auf sie auswirkt.

Wie vereinbart man den Anspruch eine gute Mutter zu sein, mit der Tatsache, dass man im Alltag relativ oft ausfällt, weil man Kopfschmerzen hat oder von einer Migräne-Attacke umgehauen wird?

Muss mein Kind zurückstecken, weil es eine kranke Mutter hat?
Die Antwort ist: Ja und nein.

Manchmal gehen Sachen nicht, weil ich nicht fit bin. Manchmal möchte ich keine anderen Kinder zu Besuch haben, weil es mir zu laut ist. Manchmal kann ich nicht zu einer Schulaufführung gehen, weil es mir nicht gut geht oder keine Radtour bei schönem Wetter machen, weil eine Migräne im Anmarsch ist. Am schlimmsten ist, wenn ich eine bereits geplante Aktion absagen oder mittendrin abbrechen muss.
Das bricht mir oft das Herz und ich wünschte mir sehr, ich könnte das meinem Kind ersparen.

Einiges davon lässt sich gut auffangen, weil wir Großeltern in der Nähe haben und hilfsbereite Freunde. Aber mir ist immer wichtig, dass so etwas in der Waage bleibt. Wenn Freunde helfen, möchte ich mich auch revanchieren können. Und die Großeltern sollen auch schöne Aktionen mit dem Kind machen können und nicht nur in Notfällen kurzfristig einspringen. Also versuche ich, meine guten Zeiten dementsprechend zu nutzen, damit es für alle o.k. bleibt. Und dennoch gibt es oft Situationen, in denen ich ein schlechtes Gewissen meiner Tochter gegenüber habe oder mir auch schlicht für mich wünsche, dass ich selber dabei sein könnte.

Doch glücklicherweise gibt es auch eine positive Seite.
Weil ich gesundheitsbedingt meine Arbeitszeit reduzieren musste, hat sich die Gewichtung von Beruf und Familie deutlich zugunsten der Familie verschoben. Heißt: ich habe mehr Zeit für mein Kind und bin öfter fit und entspannter.
Was das Ganze für mich finanziell bedeutet ist natürlich ein anderes Thema, aber für meine Tochter ist es auf jeden Fall ein Vorteil.

Bei uns geht es meistens eher besinnlich zu. Ich bin schon lange gezwungen darauf zu achten, dass ich nicht zu viel auf der Platte habe – nicht zu viele Termine, nicht zu viele Pflichten.
Es gibt etliche Sachen von denen man glaubt, man müsste sie tun. Wenn man sie aber wirklich hinterfragt, ist doch manches davon nicht zwingend notwendig. Ich meine jetzt nicht sowas wie die Steuererklärung, sondern die ganzen kleinen alltäglichen Verrichtungen, die in der Summe so viel unserer Lebenszeit beanspruchen. Was davon muss man wirklich machen, damit man sich wohlfühlt? Wie ordentlich muss die Wohnung sein? Wie viel Zeit verbringe ich mit meiner Frisur? Wie viele Kleidungsstücke möchte ich haben, die man bügeln muss?

Und bei den Sachen, die ich für andere mache – denn ich möchte natürlich auf jeden Fall etwas für andere tun können, das brauche ich für mein Glück – kann ich vorher überlegen, welche Sachen mir gut liegen und für den anderen am hilfreichsten oder schönsten sind. Muss ich zur Schulveranstaltung Kuchen backen, wenn ich keine Backfee bin oder kann ich auch die Getränke organisieren? Worauf kommt es den Kindern beim Kindergeburtstag an – brauchen die ein aufwändiges Essen oder nehme ich mir lieber die Zeit für ein aufregendes Spiel?

Es macht immer Sinn, sich diese Fragen zu stellen – besonders wenn man Kinder hat – ob man krank ist oder nicht. Doch oft scheint es am einfachsten zu sein, gewohnte Wege zu gehen, ohne ständig zu reflektieren. Mir hat meine Kopfgeschichte nicht die Wahl gelassen. Ich bin relativ oft gezwungen, zu überlegen, was für meine Familie am Wichtigsten ist, weil meine Ressourcen begrenzt sind – und irgendwie hat sich das als Segen erwiesen.