Die Krankenkasse will mich in die Reha schicken. Was nun?

Wenn man längere Zeit krankgeschrieben ist, kommt irgendwann die Krankenkasse und fordert dich dazu auf, einen Reha-Antrag zu stellen. Als ich den entsprechenden Brief aufgemacht habe, war ich bisschen geschockt und auch ziemlich entsetzt. Wobei das irgendwie schon klar ist, dass die Kasse irgendwann Maßnahmen ansetzt, die zur Heilung beitragen… aber irgendwie dachte ich, dass dem Ganzen vielleicht ein Gespräch mit dem Patienten vorausgehen würde, um zu gucken, was sinnvoll ist.
Es war ja nicht so, dass ich zu Hause untätig dabei war, mich um Besserung zu bemühen. Ganz im Gegenteil – ich war damals grad schön mittendrin in einer Behandlung bei meiner neuen Schmerztherapeutin, machte eine betreute Medikamentenpause mit meiner Hausärztin, unterstützend war ich noch bei einer tolle Osteopathin, außerdem auf der Warteliste für eine Schmerzbewältigungsgruppe und sah eigentlich grad wieder Licht am Ende des Tunnels. Da wollte ich nicht so gern rausgerissen werden.

Zum Einen hatte die Befürchtung, dass mich dieser Ortswechsel komplett wieder aus der Bahn wirft. Und ich hatte Angst vor der Klinik! Bis jetzt hatte ich außer in der Schmerzklinik in Kiel nur schlechte Erfahrungen mit institutioneller Schulmedizin gemacht. Ich malte mir schon Horrorszenarien aus, von stümperhaften Akupunkteuren und Ärzten, die mir Medikamente verordnen, damit ich trotz Migräne Sport machen kann, schlechtem Essen, und ich weiß gar nicht mehr, was noch alles. So ist es dann überhaupt nicht gekommen (ja, Vorurteile, ich schäme mich), aber ich greife vor.

Mir schien auf jeden Fall insgesamt das Konzept einer Reha für Kopfschmerzen und Migräne nicht so optimal. Aber weil ich ja schon mal in einer Schmerzklinik gewesen war und da eigentlich schon alles draus gezogen, was so geht, hatte ich nicht das Gefühl, dass ein zweiter Besuch dort eine bessere Idee wäre und irgendeine Art von Klinik musste es wohl sein.
Wäre ich allerdings zu dem Zeitpunkt noch nicht in einer Schmerzklinik gewesen, hätte ich versucht mit der Krankenkasse zu besprechen, ob ich das nicht eher machen dürfte.

Also, nach der ersten Schrecksekunde, habe ich gleich mal online ein bisschen recherchiert und dabei herausgefunden, dass man kaum Chancen hat, sich gegen eine angesetzte Reha zu wehren, ohne unerfreuliche Konsequenzen (zum Beispiel Streichung des Krankengeldes) zu riskieren. Man hat als Kranker eine Mitwirkungspflicht, da kommt man nicht drumherum.
Da ich also nicht die Wahl hatte, ob überhaupt hingehen oder nicht, hab ich sofort entschieden, die Reha als etwas Positives zu sehen und geguckt, inwiefern ich da für mich das Beste rausholen kann. Irgendwie würde ich das schon schaffen, da für mich eine gute Zeit draus zu machen. Das liegt ja auch immer ein bisschen daran, wie viel man selber mitbestimmen kann und will.

Man hatte mir eine Frist von (ich meine) zehn Wochen gegeben, um den Reha-Antrag abzugeben. Das habe ich auch voll ausgereizt, denn es bringt keine Nachteile laut dem netten Menschen von der Hotline meiner Krankenkasse (es sei denn, man möchte möglichst schnell in die Reha).Also habe ich den Antrag persönlich am vorletzten Tag vor Ablauf der Frist in direkt Krankenkassenfilliale abgegeben.
Bis dahin hatte ich genug Zeit, mich mit dem Gedanken anzufreunden und herauszufinden, was meine Möglichkeiten sind und was mich erwarten würde.

Man darf zum Beispiel bei der Wahl der Klinik mitreden. Man kann gleich bei der Antragstellung Wunschkliniken angeben und wenn einem die Klinik, die die Rentenkasse (zuständig, weil Kostenträger) ansetzt nicht gefällt, Widerspruch einlegen.Also habe ich angefangen Kliniken zu recherchieren. Danach erschien mir die Berolinaklinik die beste Adresse zu sein. Die habe ich dann als Erstwunsch angegeben und eine weitere Klinik rausgesucht, die mir zur Not auch noch gefallen hätte, weil ich irgendwie dachte, ich müsste mehrere Kliniken vorschlagen. Leider wurde dann genau diese Klinik für mich angesetzt. Daraufhin habe ich in der Berolina direkt angerufen, um zu erfahren, ob die sehr ausgebucht wären. Als man mir sagte, das wäre nicht der Fall, legte ich bei der Rentenkasse Widerspruch ein und bestand darauf in die Berolina zu kommen. Innerhalb kürzester Zeit wurde dem stattgegeben. Man hat übrigens auch einen Anspruch auf die sogenannte „heimatnahe“ Klinik. Wenn also zwei Kliniken inhaltlich gleich gut geeignet sind (und auf dem Papier sind das viele), darf man die aussuchen, die nicht so weit von zu Hause weg ist. Wahrscheinlich kann man auch mit dem Klima begründen, das man eine bestimmt Klinik lieber möchte. Ich hatte gar nicht den Eindruck, dass die Klinikwahl besonders problematisch für die Rentenkasse ist. Auf jeden Fall war mein Widerspruch relativ kurzgefasst und ziemlich formlos, ohne ärztliches Attest dabei – ich hatte einfach nur nett meine Wünsche aufgeschrieben und das hat gereicht.

Das war dann schon mehr als die halbe Miete.
Nachdem ich in der Berolinaklinik war und dort auch mit anderen Patienten gesprochen habe, die schon in anderen ähnlichen Einrichtungen waren, bin ich mir recht sicher, dass man da mit Kopfschmerzen und Migräne am Besten aufgehoben ist (und das Essen ist auch sehr o.k.).
Die Berolina hat ein gruppenorientiertes Konzept, das heißt, es gibt nur wenige Einzeltermine. Das muss man vielleicht dazu sagen; ist ja nicht jedermanns Sache. Aber ich glaube, das fanden eher die Psychosomatiker problematisch, kann ich auch verstehen. Die Migräne und Kopfschmerzleutchen waren damit eigentlich ganz zufrieden. Ich finde für unser Krankheitsbild funktioniert das auch gut. Es geht ja viel um Wissensvermittlung.
Apropos „Psychosomatiker“, das hat mich am Anfang etwas irritiert: Migräne und Kopfschmerzen werden immer in der Abteilung für Psychosomatik mit untergebracht. Das ist in jeder Rehaklinik so, hat mir eine freundliche Frau von der Rentenkasse erklärt. Da muss man natürlich aufpassen, dass man nicht in einer Klinik landet, die das auch als rein psychosomatische Erkrankung sieht. Ich habe mit einer Klinik telefoniert, die haben mir am Telefon lauter Sachen darüber gesagt, welche Ursachen Migräne nach deren Vorstellung hat (nämlich rein psychosomatische) und wie sie die dementsprechend behandeln würden. Da wäre ich wahrscheinlich nicht glücklich geworden.

Und ich habe mir viele Erfahrungsberichte von anderen Reha-Erfahrenen online durchgelesen. Das hat mich auch ziemlich beruhigt. Die meisten war sehr positiv. Viele gehen nur widerstrebend in die Reha und erleben dann eine angenehme Überraschung. So ging es mir dann auch, später mehr…

Mittlerweile bin ich in meiner zweiten Reha – diesmal auf Wunsch des Arbeitsamtes – und bin auf meinen Wunsch wieder in die Berolina gegangen.
Da ich grad aktuell in der Rehaklinik weile, schreibe ich bald noch ein bisschen mehr zum dem Thema.